Ehrenamt, Bekämpfung der Kinderarmut und Fußball | Michael Häupl im Interview

Wiens legendärer Ex-Bürgermeister hat längst Kultstatus erlangt. Seine pointierten Sager und sein unermüdliches Engagement für die Menschen in Wien sind weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt.

Nach einer erfolgreichen Karriere in der Politik widmet sich Häupl jetzt neuen Aufgaben, unter anderem als ehrenamtlicher Präsident der Volkshilfe Wien. Uns hat er verraten, welche Themen ihm dabei besonders am Herzen liegen und warum er nicht mehr Fußball spielt.

Warum hast du dich für eine ehrenamtliche Tätigkeit bei der Volkshilfe Wien entschieden?

Michael Häupl: Das ist ganz leicht zu beantworten. Als dieses Angebot an mich herangetragen wurde, habe ich mir das natürlich überlegt. Aber unter dem Strich, die Corona Pandemie verschärft in unglaublichem Ausmaß die wirtschaftliche und damit natürlich auch die gesellschaftliche und soziale Krise. Nicht nur in unserem Land, sondern eigentlich weltweit. Wenn ich mir anschau, dass wir zeitweise über eine Million Arbeitslose gehabt haben, Menschen, die in Kurzarbeit sind und welches Problem es zum Beispiel im Hinblick auf Wohnungslosigkeit gibt, dann muss man einfach sagen: Da kann man nicht ablehnen. Dieser Arbeit muss man sich stellen und das war der Grund, warum ich dann auch zugesagt habe, diese Arbeit zu übernehmen. Die Wiener Volkshilfe ist ausgezeichnet organisiert, also ich brauch die Energie eines doch nicht mehr ganz jungen Mannes nicht in administrative Dinge stecken, sondern kann sie wirklich auch in gesellschaftspolitische Arbeit stecken.

Fällt dir ein Erlebnis bei der Volkshilfe Wien ein, das besonders schön oder bemerkenswert war und kannst du kurz etwas darüber erzählen?

Häupl: Da gibt’s viele. Aber bemerkenswert für mich waren immer all die Begegnungen direkt mit Klienten, die letztendlich auch von der Arbeit der Volkshilfe profitieren, aber natürlich auch von unseren Kolleginnen und Kollegen. Gerade in der Pandemiezeit ist etwa die Hauskrankenpflege eine unglaublich harte und schwere Arbeit und natürlich auch gefährlich, das muss man auch sagen. Deswegen bin ich wirklich sehr froh, dass die Impfung eigentlich gut funktioniert, dann das ist am Ende des Tages, jedenfalls der gesundheitliche Lösungsansatz für diese Krankheitsepidemie.

Es gibt natürlich auch viele lustige Episoden, aber emotionell beeindruckt hat mich genau das, warum ich mich letztendlich entschieden habe, diese Funktion zu übernehmen.

Was macht dir am meisten Spaß an deiner Arbeit bei der Volkshilfe Wien?

Häupl: Die Arbeit mit Menschen. Das hat mir schon in meiner politischen Laufbahn in den verschiedensten Funktionen immer am meisten Spaß gemacht, das ist es natürlich auch jetzt. Und natürlich macht es mir auch Spaß, ganz offen gesagt, das Gesicht und der Mund der Volkshilfe Wien nach außen zu sein. Ich glaube was ganz gut gelungen ist, die Volkshilfe in der Öffentlichkeit auch so darzustellen, wie es es der fantastischen Arbeit der Volkshilfe gerecht wird.

Gibt es ein Thema der Volkshilfe Wien, das dir besonders am Herzen liegt?

Häupl: Die Bekämpfung der Kinderarmut. Denn Kinder verdienen unseren besonderen Schutz. Das ist in der Armutsbekämpfung so, in der Bildungsarbeit so, letztendlich in der Flüchtlingsfrage auch so, der Kampf gegen die Wohnungslosigkeit – überall ist es das Thema, dass Kinder am meisten draufzahlen. Und sich dessen anzunehmen, gemeinsam mit Partnern zum Beispiel den Kinderfreunden oder dem Samariterbund, das ist mir sehr wichtig.

Die letzte Frage: Was machst du wenn du frei hast, zum Entspannen und zur Erholung?

Häupl: Früher hätt ich drauf geantwortet: Dann geh ich Fußball spielen. Aber das ist jetzt in meinem Alter nicht mehr adäquat. Ein Freund hat mir gesagt: “Nach dem 60. Lebensjahr spielt man nicht mehr Fußball, da ist es wurscht ob man Nationalspieler war oder wie du ein Regionalspieler seinerzeit. Es ist wegen der anderen, nicht wegen dir selber. Du kannst schon auf dich aufpassen, aber die anderen passen nicht automatisch auf.” Fußball ist ein Kampfsport und das soll man, wenn ein ein bissl älter wird, auch sein lassen.

Heute sag ich, es ist mir sehr wichtig zu lesen. Nicht nur Fachbücher oder politische Bücher sondern auch Literatur. Auf der anderen Seite geh ich gerne ins Theater oder Bergwandern ist auch etwas, was ich sehr gerne mach und wo ich mich sehr wohl fühle. Das hängt natürlich auch wieder mit meiner Ausbildung und meinem doch über acht Jahre ausgeübtem Beruf zusammen. Naturbeobachtung, etwas was wir Gott sei Dank noch in unserer Ausbildung in Biologie gelernt haben. Das Gehirn fit halten durch das Engagement nicht nur im Sozialbereich, sondern auch im Wissenschaftsbereich. Das ist das, womit sich meine Zeit auch ausfüllt und gelegentlich sogar mehr, als ich irgendwie plane.