Care Leaver Mentoring

Das Care Leaver Mentoring soll jungen Menschen, die in sozialpädagogischen WGs bzw. unserem Jugendwohnen aufgewachsen sind, einen guten Übergang ins Erwachsenenleben ermöglichen.

Unterstützung für Care Leaver

Die Volkshilfe Wien betreut in Wien dreizehn sozialpädagogische Kinder- und Jugend-Wohngemeinschaften (WG). In jeder WG leben maximal acht junge Burschen und Mädchen zwischen drei und 18 Jahren. Sie kommen aus unterschiedlichen familiären Verhältnissen, sprechen viele Sprachen und bleiben unterschiedlich lange in der Begleitung und Betreuung der Sozialpädagog*innen.

In den meisten Fällen endet die Betreuung mit dem 18. Geburtstag. Für viele von ihnen ist das mit Zukunftsängsten verbunden. Auch deshalb, weil sie oft nicht auf Unterstützung von ihrer Familie oder familien-ähnliche Strukturen zurückgreifen können. Die Volkshilfe Wien will diesen jungen Menschen mit Hilfe von freiwilligen Mentor*innen eine unterstützende Person zur Seite stellen, die über den Auszug aus der Betreuung der Volkshilfe Wien hinaus für sie da ist.

Was ist Care Leaver Mentoring?

Das Freiwilligen-Projekt Care Leaver Mentoring hat zum Ziel, Mentor*innen für Jugendliche zu finden, die bis zu ihrer Volljährigkeit in unseren sozialpädagogischen Kinder- und Jugend-Wohngemeinschaften leben. Bis zum 18. Lebensjahr werden sie dort von Sozialpädagog*innen begleitet und finden in den WGs eine Art neue Familie.

Mit dem 18. Geburtstag, so sieht es das Kinder- und Jugendhilfegesetz in Österreich vor, sind diese Menschen erwachsen und müssen die WG verlassen. Da sie damit aus der Betreuung („care“) austreten müssen („to leave“), nennt man diese jungen Menschen dann auch „Care Leaver“. Ab diesem Zeitpunkt sind viele von ihnen auf sich alleine gestellt. Gleichzeitig gehören sie einer sozialen Gruppe an, die eine Unterstützung im Alltag besonders gut brauchen kann.

Wie wir uns alle sicher noch aus eigener Erfahrung erinnern können, gibt es auch nach dem Auszug aus dem Elternhaus Fragen, für die man sich – auch als Erwachsene*r – an die Familie wendet. Alltäglichkeiten wie „Was tun, wenn die Waschmaschine kaputt ist?“, „Wo kann ich günstig einkaufen?“ oder „Wie stelle ich einen Antrag auf Wohnbeihilfe?“ werden so schnell gelöst. Care Leavern fehlt es nach dem Auszug aus der WG oftmals an erwachsenen Ansprechpersonen, auf die sie sich im Bedarfsfall verlassen können.

Mit unserem Projekt wollen wir Mentor*innen finden, die diesen jungen Menschen den Übergang ins Erwachsenen-Leben erleichtern und ihnen bei alltäglichen Herausforderungen zur Seite stehen. Dabei soll dieses „Tandem“ bereits entstehen, solange die Jugendlichen noch in der WG leben. So kann die erste Phase des Kennenlernens professionell von den Sozialpädagog*innen der WG und der Leitung des Projekts begleitet werden.

Jeder Anfang ist schwer. Besonders für junge Erwachsene, die zumindest einen Teil ihrer Kindheit und Jugend nicht bei ihren Familien leben konnten, ist der Sprung in die plötzliche Eigenverantwortung eine große Herausforderung. Seit 2018 bietet Care Leaver Mentoring diesen jungen Menschen langfristige Unterstützung und Begleitung durch freiwillige Mentor*innen – das ist österreichweit einzigartig und macht uns sehr stolz

Mag.a Tanja Wehsely, Geschäftsführerin der Volkshilfe Wien

Was ist ein*e Mentor*in/ ein*e Mentee/ ein Tandem?

Als Mentor*innen definieren wir erwachsene Personen ab 21 Jahren, die mit beiden Beinen im Leben stehen. Es geht nicht darum besonders erfolgreich zu sein, sondern einem jungen Menschen (Mentee) Sicherheit vermitteln zu können. In diesem Zusammenhang sprechen wir von einem langfristigen freiwilligen Engagement, um eine möglichst stabile Beziehung zwischen Mentor*in und Mentee, also ein bestmögliches Tandem, zu gewährleisten.

 

Informelle Fähigkeiten einer Mentorin*eines Mentors

  • Offenheit, Geduld, Reife
  • Psychische Belastbarkeit & soziale Kompetenzen
  • Respektvoller Umgang mit Jugendlichen, die teilweise viel durchmachen mussten
  • Verlässlichkeit
  • Fähigkeit zum selbständigen Gestalten einer Beziehung zur*zum Jugendlichen
  • Kommunikations- und Konfliktfähigkeit

 

Formelle Fähigkeiten einer Mentorin*eines Mentors

  • Sehr gute Deutschkenntnisse (österreichische Staatsbürgerschaft ist nicht Voraussetzung), Fremdsprachenkenntnisse teilweise von Vorteil
  • Vorerfahrung in der Arbeit mit Kindern von Vorteil, aber nicht verpflichtend
  • Ausfüllen des Fragebogens für Mentor*innen
  • Strafregisterbescheinigung „Kinder- und Jugendfürsorge“ (Kosten werden rückerstattet)
  • Lebenslauf und kurzes Motivationsschreiben
  • Einzelgespräch mit der Projektleitung
  • Bereitschaft zur Koordination mit dem Betreuungs-Personal der*des Jugendlichen
  • Bereitschaft, die*den Jugendliche*n während der Betreuung zu verpflegen (Kosten, die während der freiwilligen Tätigkeit entstehen, können nicht ersetzt werden)

 

Aufgaben einer Mentorin*eines Mentors

  • Teilnahme an einer verpflichtenden Schulung vor Beginn des Mentorings
  • Teilnahme an den Reflexionstreffen (alle 6-8 Wochen) und Fortbildungen
  • Kontakt zur*zum Mentee (Jugendlichen):
  • Ausmaß der persönlichen Treffen liegt im eigenen Ermessen des Tandems
  • Regelmäßiger Kontakt/Erreichbarkeit per E-Mail/Telefon/WhatsApp etc.
  • Unterstützung bei der Suche einer (Fort-)Bildungsstätte, Beratung zu Berufsbildern, Anträgen etc. – in Absprache mit den Betreuer*innen
  • Lernunterstützung
  • Gemeinsame Freizeitaktivitäten
  • Langfristiges freiwilliges Engagement (unterschiedlich je nach Alter der*des Jugendlichen zu Beginn des Mentorings; mindestens ca. 3-4 Jahre)

Wie unterstützt mich die Volkshilfe Wien?

Jede*r Mentor*in wird von der Volkshilfe Wien professionell begleitet und unterstützt. Sowohl vor Beginn eines Tandems, als auch während der Kennenlern-Phase zwischen Mentor*in und Mentee, unterstützen die Projektleitung und die Sozialpädagog*innen der WGs. Die intensive Phase der Begleitung ist dabei auf das erste Jahr des Mentorings begrenzt, wobei die*der Mentor*in auch danach sämtliche Freiwilligen-Angebote der Volkshilfe Wien wahrnehmen kann. Auch an Reflexions- und Gruppentreffen können Mentor*innen auch nach dem ersten Jahr noch teilnehmen, wenn sie wollen. Im ersten Jahr wird eine Teilnahme daran vorausgesetzt.

Ein besonderes Augenmerk wird auf die Schulung vor Beginn des Mentorings gelegt. Diese soll sicherstellen, dass alle Freiwilligen sich in ihrer Rolle wohl fühlen und eine längerfristige, positive Beziehung zu ihren Mentees aufbauen können. Nur so kann das Projekt erfolgreich sein!

 

Wie dich die Projektleitung unterstützt

  • Organisation einer verpflichtenden Schulung für Mentor*innen (7 UE, Details unter Menüpunkt „Wie bewerbe ich mich?“)
  • Beratung und Vorbereitung durch die Projektleitung
  • Fachlich und sozial kompetente Koordinierung und Unterstützung
  • Hilfestellung bei der Freizeitgestaltung
  • Organisation von gemeinsamen Gruppen-Aktivitäten und Workshops
  • Regelmäßige Reflexionstreffen mit anderen Mentor*innen und der Projektleitung
  • Zugang zu Fortbildungs- und Gruppen-Supervisions-Angeboten für Freiwillige der Volkshilfe Wien

Ein Tandem ist sowohl von Seiten der Mentorin*des Mentors, als auch von Seiten der*des Jugendlichen jederzeit kündbar. Die Projektleitung steht in einem solchen Fall unterstützend zur Seite.

Stimmen aus dem Projekt Care Leaver Mentoring

„Es ist so, als hätte ich eine große Schwester, die auf mich aufpasst“

Im Jänner 2023 haben wir zwei aktive Mentoring-Tandems (also die Mentor*innen und Mentees gemeinsam) zum Interview und Foto-Shooting gebeten. Sie erzählen aus ihren Mentorings, den besonders schönen aber auch herausfordernden Momenten miteinander und geben Tipps für Menschen, die sich für die Tätigkeit als Mentor*in interessieren. Den gesamten BLOG-Artikel findest du hier.

Ein Mentor berichtet von seinen Erfahrungen

Helmut ist bereits seit 2018 als Mentor bei Care Leaver Mentoring tätig. Wir haben ihn 2022 zu einem Interview gebeten.  

Mit 28 Jahren hat Helmut das Mentoring für einen damals 16-jährigen Burschen übernommen, als dieser noch in einer unserer WGs lebte. Auch während der herausfordernden Zeit des ersten Auszugs in eine eigene Wohnung begleitete Helmut den mittlerweile jungen Erwachsenen – und ist bis heute aktiv. 

Von den besonderen Anforderungen und Erfahrungen erzählt er in einem BLOG-Beitrag auf unserer Website. 

(etwas weiter unten auf dieser Seite findest du auch ein Podcast-Interview mit einer Mentorin von uns: Sozial Pod Folge #11) 

 

Lobbyarbeit für Care Leaver 

Die Volkshilfe Wien ist aktives Mitglied der Plattform Jugendhilfe 18+, welcher 16 Organisationen (Stand 2020) angehören, die in Österreich in der Kinder- und Jugendhilfe tätig sind. Unser gemeinsames Ziel ist es, eine größere Chancengleichheit für junge Erwachsene aus der Kinder- und Jugendhilfe, im Vergleich zu jungen Menschen, die in ihren Familien aufwachsen, zu erreichen.

Die Volkshilfe Wien wirkte als Mitglied der „AG Junge Wohnungslose“ auch am Positionspapier Über den Bedarf eines Gesamtkonzepts für junge Erwachsene in der Wohnungslosenhilfe (2021) mit. Darin machen wir gemeinsam mit zahlreichen Kolleg*innen der Wohnungslosenhilfe, Jugendarbeit und Flüchtlingshilfe darauf aufmerksam, dass jungen Erwachsenen im Bereich Wohnen und Wohn-Unterstützung mehr und spezifischere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. In Kapitel 3.2. „18+ und auf sich selbst gestellt“, gehen wir dabei auf die spezifische Situation von Care Leavern ein. 

 

International Care Day

Seit 2015 wird in vielen Ländern am 3. Freitag im Februar der “Care Day” gefeiert, welcher den Fokus auf die Zielgruppe der Care Leaver legt. Seit 2020 nutzen auch die Volkshilfe Wien und das Projekt Care Leaver Mentoring diesen Tag, um Aufmerksamkeit für junge Menschen in und nach der Fremdunterbringung zu erlangen.

 

Zum CareDay21 am 19. Februar 2021 konnte, Corona-bedingt, ausschließlich digital auf das Thema in Form einer Presse-Aussendung und einer Spezial-Woche auf unseren Social Media-Kanälen aufmerksam gemacht werden.

 

Zum CareDay20 am 21. Februar 2020 organisierten wir gemeinsam mit der Plattform Jugendhilfe 18+ die Fachtagung „Be the Change – Gleiche Chancen für Care Leaver“. Hier findest du die Presseausendung dazu; alle Tagungsunterlagen, teilnehmenden Organisationen und Fotos findest du unter https://www.fice.at/care-day.

 

Podcast-Special zum Thema „Kinder- und Jugendhilfe“

Der Sozial Pod war bis 2023 ein Podcast, der die soziale Landschaft sicht- und hörbar machen wollte. Maria besuchte NGOs, kleine und große soziale Organisationen und unterhielt sich mich mit Sozialexpert*innen, Sozialarbeiter*innen & betroffenen Menschen über sozialrelevante Themen.

Im Februar 2020 koordinierten wir gemeinsam mit Maria ein Special zum Thema „Kinder- und Jugendhilfe“, aufgeteilt auf drei Schwerpunkt-Sendungen zu je einer halben Stunde. Die Podcasts sind über die Website des SozialPod und jeden Podcast-Catcher kostenfrei abrufbar.

  • Folge #10 Kinder- und Jugendhilfe in Österreich: FAQ (zur Folge)
    Sozial Pod-Faktencheck zu Kinder- und Jugendhilfe in Österreich. Gerald Herowitsch-Trinkl, Sozialpädagoge und Obmann des Verbands “DÖJ“ (Dachverband österreichischer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen), gibt Einblicke in die Kinder- und Jugendhilfe Österreichs.
  • Folge #11 Wohin nach dem 18. Geburtstag?! – “Care Leaver Mentoring” (zur Folge)
    Sozial Pod – Vor Ort (Schwerpunkt Kinder- und Jugendhilfe). Das Mentor*innen-Projekt der Volkshilfe Wien wird von der Leiterin Doris Moravec und der Mentorin Andrea vorgestellt.
  • Folge #12 Care Day Aktionstag – Gleiche Chancen für Care Leaver (zur Folge)
    Sozial Pod – Spezialsendung (Schwerpunkt Kinder- und Jugendhilfe). In dieser Spezialsendung war der Sozial Pod Live beim Aktionstag “CARE DAY 2020 – Gleiche Chancen für Care Leaver” und führte Interviews mit Maximilian Ullrich von der FICE Austria und Petra Gabler vom Verein „Care Leaver Österreich“.

Wie kann ich noch helfen?

Du hast leider keine zeitlichen Ressourcen für eine freiwillige Tätigkeit, möchtest aber trotzdem helfen? Wir freuen uns auch über deine finanzielle Unterstützung, die uns dabei hilft, den Alltag der Kinder und Jugendlichen in den sozialpädagogischen Wohngemeinschaften der Volkshilfe Wien zu verschönern.

So kannst du uns unterstützen:

Deine Spende an die Volkshilfe Wien ist steuerlich absetzbar!