Wissen macht stark: Wie wir Sexarbeiterinnen in der Pandemie online informieren

Die Welt verändert sich und wir uns mit ihr. Jahrelang waren persönliche, niederschwellige, und mehrsprachige Beratungen in familiärer Atmosphäre  ein erfolgreiches Beratungsmodell des  Soph!e Beratungszentrum für Sexarbeiterinnen im  15. Wiener Bezirk. Austausch und informelle Beratungen fanden immer zusätzlich im kleinen Café der Beratungsstelle  statt, das nachmittags für Sexarbeiterinnen geöffnet war. SOPH!E  war für viele Sexarbeiterinnen ein Safespace und ein Ort zum Netzwerken, sie war eine  Konstante in ihrem Leben.

Plötzlich war alles anders

Mit März 2020 änderte sich das schlagartig. Das Café musste schließen, Beratungen vor Ort konnten nur noch unter strengen Hygienemassnahmen durchgeführt.  Sexarbeiterinnen waren plötzlich mit einem Arbeitsverbot und der damit einhergehenden Existenzbedrohung konfrontiert. Zusätzlich kam die Angst vor dem bisher unbekannten Virus und  davor, in einer körpernahen Dienstleistung zu arbeiten. Was ist das für ein Virus? Wann darf ich wieder arbeiten? Bin ich gefährdet? Fragen und Ängste, die sich in den Beratungsgesprächen wiederspiegelten. Denn viele der von den Behörden bereitgestellten Informationen zu Gesundheitsthemen, sind nicht in allen Sprachen der Sexarbeiterinnen verfügbar, klammern das Thema Sexarbeit aus oder sind kompliziert dargestellt. Im Verlauf des Jahres wendeten sich immer mehr Sexarbeiterinnen an das Beratungszentrum, so viele, dass die Beratungs  und Informationsarbeit  mit den bisherigen Ressourcen kaum mehr  zu stemmen war.

Digital informiert

SOPH!E reagierte auf den starken Bedarf an schnellen, einfachen und gesicherten Informationen. Die Website wurde immer mit den neuesten Informationen zur Corona-Situation ergänzt, parallel dazu wurde ein Twitter und Instagram Account gestartet um Klientinnen  noch niederschwelliger in ihren digitalen Lebenswelten zu erreichen. Kurz darauf ergänzten die Sozialarbeiterinnen ihr Angebot  mit Videoberatungen.

Im Februar 2021 wurde das digitale Angebot von SOPH!E dann um ein weiteres Element erweitert: Online Workshops, die sich mit besonders brennenden Fragen der Klientinnen beschäftigen. Keine Überraschung: der erste Workshop Anfang Februar beschäftigte sich mit der Corona-Impfung und stieß auf großes Interesse bei den Sexarbeiterinnen. Nach einem Input mit den grundlegenden Informationen von einer Beraterin, konnten die Sexarbeiterin weitere Fragen stellen. Besonderes Interesse zeigten die Teilnehmerinnen an den verschiedenen Impfstoffen, den Langzeitnebenwirkungen und wann es möglich sein wird, in Österreich geimpft zu werden.  Die offenen  Fragen wurden gesammelt und nachträglich in verschiedenen Sprachen wie ungarisch, bulgarisch, rumänisch auf die SOPH!E Website gestellt.

Wenn wir alle, hoffentlich bald, zurück in eine neue Normalität kommen, im Cafe von SOPH!E wieder Kaffee getrunken und geredet wird und Beratungen vor Ort wieder entspannt möglich sind, werden die neuen digitalen Möglichkeiten trotzdem  langfristig für die Klientinnen erhalten bleiben. Ein bisschen was Gutes nehmen wir mit, aus dieser schweren Zeit.