Woh­nungs­lo­se Frauen — Marias Geschichte

Woh­nungs­lo­se Frauen — Marias Geschichte

Weibliche Wohnungslosigkeit ist oft unsicht­bar. Frauen* nehmen die Angebote der Woh­nungs­lo­sen­hil­fe deutlich seltener in Anspruch als Männer. Oft suchen sie statt­des­sen aus Scham oder dem Gefühl selbst Schuld zu sein, nach privaten Lösungen, die sie in neue Abhän­gig­kei­ten führen. Umso wichtiger ist es, in der Woh­nungs­lo­sen­hil­fe besonders auf Frauen, ihre Bedürf­nis­se und Sorgen einzugehen. 

 

Als Maria sich zum ersten Mal tele­fo­nisch bei der Volks­hil­fe Wien meldet, hat sie schon eine sehr belas­ten­de Zeit hinter sich. Maria heißt in Wirk­lich­keit anders, ihren Namen haben wir geändert — um sie zu schützen. Durch ihren Ex-Mann erfährt sie jahrelang Gewalt, bis sie schließ­lich ihren Mut zusam­men­nimmt und ihre Sachen packt. Zunächst flüchtet sie mit ihren Kindern zu ihren Eltern, doch auch dort ist sie vor ihrem gewalt­tä­ti­gen Mann nicht sicher. Als letzten Ausweg sucht sie Schutz in einem Frauenhaus.

Maria ist damit leider nicht alleine: Laut einer Studie der European Women’s Lobby, gibt EU-weit eine von 1 von 3 woh­nungs­lo­sen Frauen häusliche Gewalt als den Haupt­grund für ihre Situation an. 60% der befragten Frauen nennen häusliche Gewalt als einen der Gründe für ihre Wohnungslosigkeit.

Während ihrer Zeit im Frau­en­haus, nimmt Maria schließ­lich Kontakt zur Volks­hil­fe Wien auf, die Betreuung durch die Sozialarbeiter*innen in unserem Projekt Housing First startet. Housing First ist ein Angebot für Familien, Ein­zel­per­so­nen und Paare, die entweder schon woh­nungs­los sind oder davor stehen ihre Wohnung zu verlieren und spezielle Lebens­si­tua­tio­nen zu bewäl­ti­gen haben. Das können eine Erkran­kung, Sucht oder, wie bei Maria, häusliche Gewalt sein.

Angelika Weber, Sozi­al­ar­bei­te­rin bei Housing First erzählt: “Maria wird in dieser Zeit besonders eng­ma­schig betreut, um ihr und ihren Kindern die größt­mög­li­che Sicher­heit zu bieten.” Eng­ma­schi­ge Betreuung, das bedeutet, dass Termine öfter statt­fin­den und die betreu­en­den Sozialarbeiter*innen besonders auf­merk­sam sind. Grund­sätz­lich ist die Frequenz der Termine bei Housing First sehr flexibel, je nachdem wie es die Klient*innen gerade brauchen. Besonders jetzt, in Zeiten der Corona Pandemie, findet der Kontakt, wenn möglich, auch tele­fo­nisch statt. Je nach Bedarf werden Termine, oft auch Haus­be­su­che vereinbart.

Als schließ­lich eine Genos­sen­schafts­woh­nung für Maria gefunden wird, orga­ni­siert die Volks­hil­fe Wien vorab eine Sicher­heits­be­ge­hung durch die Polizei. Dabei wird etwa darauf geachtet, wie die Wohnung betretbar ist, in welchem Stockwerk sie sich befindet und wie sicher Türen und Fenster sind. Bei der Sicher­heits­be­ge­hung ist auch eine Sozi­al­ar­bei­te­rin dabei. Angelika: “Unsere Anwe­sen­heit ist eine wichtige Stütze für die Klientin.”

In Marias neuer Wohnung ist zum Glück alles in Ordnung, sie wird für sehr sicher befunden. Maria und ihre Kinder können einziehen. Außerdem folgt eine weitere gute Nachricht für die Familie: Mit Hilfe von ihrer Sozi­al­ar­bei­te­rin findet Maria schnell Schul- und Kin­der­gar­ten­plät­ze für die Kinder. Sie selbst schmiedet auch schon Zukunfts­plä­ne, möchte ihre Aus­bil­dung beenden und dann auf Jobsuche gehen.

Ein paar Monate später: Die Familie ist in der Wohnung ange­kom­men und fühlt sich gut auf­ge­ho­ben, einfach “wie zuhause” eben. Mit Maria wurden beim Einzug zusätz­li­che Schutz­maß­nah­men bespro­chen, die sie alle gut umsetzen kann.

“Ich bin so erleich­tert, dass ich meinen Kindern nach der Odyssee der letzten Jahre wieder ein sicheres Zuhause bieten kann”, sagt Maria. In der Sicher­heit der eigenen Wohnung kann sie endlich zur Ruhe kommen und hoff­nungs­voll in die Zukunft schauen.

ÜBER HOUSING FIRST

Derzeit betreut Housing First 18 Frauen, davon leben 13 bereits in Genos­sen­schafts­woh­nun­gen, bei denen sie Haupt­mie­te­rin­nen sind.Seit Beginn des Projekts im Jahr 2017 konnten durch Housing First 33 Frauen ihre eigenen Wohnungen beziehen und auch lang­fris­tig halten.